BGH: Keine Störerhaftung für passwortgesichertes WLAN

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24.11.2016 (Az.: I ZR 220/15) entschieden:

 

Die Störerhaftung für die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Medien per Filesharing gilt nicht, wenn sich Unbekannte unerlaubt Zugriff auf ein durch Passwort geschütztes WLAN verschaffen. Damit schränkt der BGH die Störerhaftung in den sogenannten Filesharing-Fällen erheblich ein.

 

Im vorliegenden Fall war das WLAN mit dem auf dem Router aufgedruckten 16-stelligen WPA2-Schlüssel gesichert. Die Beklagte hatte das Kennwort seit der ersten Inbetriebnahme ihres Routers im Jahr 2012 nicht geändert. Ende 2012 hatten Dritte den Film „The Expandables 2“ über den Anschluss der Beklagten zum Download angeboten.

 

Die Klage der Rechteinhaberin wurde in der Berufungsinstanz abgewiesen. Ihre Revision wies der Bundesgerichtshof nun mit der Begründung zurück, die Beklagte habe keinerlei Prüfungspflichten verletzt. Der Bundesgerichtshof stellt somit klar, dass der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion zur Prüfung verpflichtet ist, ob der eingesetzte Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, namentlich einen aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie ein individuelles, ausreichend langes und sicheres Passwort, verfügt. Ein voreingestelltes Passwort sei demnach nicht ausreichend, wenn der Hersteller es nicht individuell für das eigene Gerät, sondern für mehrere Geräte vergeben habe. Die Klägerin habe jedoch nicht beweisen können, dass es sich um ein mehrfach verteiltes Passwort handelte. Des Weiteren ist der Standard WPA2 nach der Auffassung des BGH als hinreichend sicher anzusehen. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass ein 16-stelliger Schlüssel 2012 nicht marktüblichen Standards entsprochen habe. Eine bestehende Sicherheitslücke beim streitgegenständlichen Routertyp spielte bei der Entscheidung ebenfalls keine Rolle, da diese erst im Jahr 2014 öffentlich bekannt wurde.

 

Unter Juristen ist die Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen mittels Filesharing  durchaus umstritten. Beispielshalber wird durch das Institut der Störerhaftung die Möglichkeit eingeschränkt, kostenlose öffentliche WLAN-Netze anzubieten. Durch eine im Juli 2016 erlassene Ergänzung des Telemediengesetz wurde aus diesem Grund das sogenannte Providerprivileg, das bisher nur für große Internetanbieter galt, auch für WLAN-Betreiber eingeführt, welche ihren Nutzern einen drahtlosen Internetzugang zur Verfügung stellen. Der Europäische Gerichtshof hatte zudem im September 2016 entschieden, dass auch Geschäfteinhaber, die ein kostenloses WLAN-Netz zur Verfügung stellen, nicht für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer verantwortlich sind (EuGH, Urteil vom 15.09.2016, Az.: C-484/14).

 

Das Urteil des Bundesgerichtshof vom 24.11.2016 ist aus meiner Sicht ein weiterer Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg von unangemessenen Haftungsverschärfungen hin zu mehr Verbraucherfreundlichkeit.