Nachdem bereits im ersten Teil dieses Beitrags das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017", in Kraft getreten am 24.08.2017, behandelt wurde, soll nun auch das am 06.09.2017 in Kraft getretene „Zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.08.2017“ die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhalten. Die juristische Fachwelt widmete sich vor allem den Änderungen, welche das erstgenannte Gesetz mit sich brachte. Doch auch das „Zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.08.2017“ wartet mit einigen interessanten Neuerungen auf, welche nun im Folgenden beleuchtet werden sollen:
1. Erste Vernehmung des Beschuldigten
In der Neufassung von § 136 Abs. 1 Satz 3 und 4 StPO wird nunmehr eine neue Pflicht der Vernehmungsperson geregelt: Der Beschuldigte, der vor der Befragung einen Strafverteidiger befragen möchte, muss bei der Herstellung des Kontakts zu einem Verteidiger durch die Zurverfügungstellung allgemeiner Informationen unterstützt werden. Danach sind dem Beschuldigten Informationen bekannt zu machen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auch auf bestehende anwaltliche Notdienste ist er hinzuweisen. Erforderlich ist dabei das ernsthafte und tatsächliche Bemühen des Vernehmenden, den Beschuldigten tatsächlich z.B. durch die Übergabe von Anwaltsverzeichnissen bzw. Strafverteidigerlisten oder insbesondere durch den Hinweis auf anwaltliche Notdienste zu unterstützen.
2. Polizeiliche Vernehmung des Beschuldigten
Auf die neuen Regelungen zur ersten Vernehmungen des Beschuldigten wird jetzt auch in § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO verwiesen. Es gelten also die unter Ziffer 1. angesprochenen Informationspflichten der Vernehmungsperson zu Verteidigern und Verteidigernotdiensten auch für polizeiliche Vernehmungen. Eine weitere Neuerung besteht in den erweiterten Anwesenheitsrechten für Verteidiger auch bei polizeilichen Vernehmungen. Bisher kannte die Strafprozessordnung ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei Beschuldigtenvernehmungen im Ermittlungsverfahren nur für richterliche und staatsanwaltschaftliche Vernehmungen. Ein Recht des Verteidigers auf Teilnahme an einer polizeilichen Vernehmung des Beschuldigten gab es hingegen nicht. Mit der Neuregelung des § 163 a Abs. 4 hat sich dies nun geändert. Hier wird jetzt auf § 168c Abs. 1 und Abs. 5 StPO verwiesen mit der Folge, dass das Anwesenheitsrecht des Verteidigers und das Recht auf Benachrichtigung in Zukunft auch bei einer polizeilichen Vernehmung gilt. Weiterhin soll dem Verteidiger und der Staatsanwaltschaft nach der Vernehmung des Beschuldigten Gelegenheit zur Erklärung oder zur Stellung von Fragen an den Beschuldigten gegeben werden. Bei polizeilichen Vernehmungen besteht nun auch - wie für einen Richter bei richterlichen Vernehmungen - die Möglichkeit für den Vernehmungsbeamten, Fragen als unzulässig oder ungeeignet zurückzuweisen.
3. Gegenüberstellung
Ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei Gegenüberstellungen gab es bisher nicht. Dies wurde mit der Neufassung des § 58 Abs. 2 StPO geändert. Demnach ist bei einer Gegenüberstellung die Anwesenheit des Verteidigers des Beschuldigten in Zukunft erlaubt. Dies gilt ohne Einschränkung sowohl für Vernehmungsgegenüberstellungen als auch für Identifizierungsgegenüberstellungen. Zudem ist nach der neuen Regelung des § 58 Abs. 2 Satz 3 StPO der Verteidiger vor dem Termin zu benachrichtigen, damit dieser auch wirklich von seinem Anwesenheitsrecht Gebrauch machen kann.
4. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit dem „Zweiten Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.08.2017“ einige wichtige Änderungen der Strafprozessordnung bewirkt wurden, mit denen die Rechte der Beschuldigten auch eine tatsächliche Stärkung erfahren. Schon die bloße Anwesenheit eines Verteidigers dürfte jedenfalls disziplinierende Wirkung auf die Vernehmungsbeamten haben und der Gefahr rechtswidriger Ermittlungsmethoden entgegenwirken.