Am 1. Juni 2017 hatte ich auf meiner Seite eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin kommentiert. Damals wurde in der Berufungsinstanz entschieden, dass Facebook den Eltern eines verstorbenen Mädchens es zu Recht verwehren kann, auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter zuzugreifen.
Die Eltern legten Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ein. Die Revision war erfolgreich: Der BGH hat mit Urteil vom 12. Juli 2018 (Az.: III ZR 183/17) entschieden, dass der Vertrag über das Facebook-Benutzerkonto vererbbar ist. Durch Einsichtnahme der Chatprotokolle und Seiteneinträge erhofften sich die Eltern Aufschlüsse darüber, ob der Tod ihrer Tochter möglicherweise ein Suizid gewesen sein könnte. Facebook hatte sich dem Ansinnen der Eltern jedoch widersetzt und das streitgegenständliche Konto gesperrt und in den sogenannten Gedenkmodus versetzt, so dass ein Zugriff der Eltern nicht möglich war.
Nachdem die Klage der Eltern in erster Instanz erfolgreich war, hatte das Kammergericht Berlin in der zweiten Instanz zu Gunsten von Facebook entschieden. Facebook hatte sein Vorbringen damit begründet, dass das Interesse anderer Nutzer an der Vertraulichkeit ihrer Nachrichten das Interesse der Eltern überwiege. Die Richter am BGH begründeten ihr Urteil nun damit, dass der Nutzervertrag mit Facebook nach den Grundsätzen der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf die Erben übergegangen sei und die Vererblichkeit auch nicht durch Vertragsbestimmungen wirksam ausgeschlossen wurde. Die Klauseln zum Gedenkzustand seien darüber hinaus nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.
Insbesondere überwiege der Schutz der Kommunikationspartner auf Vertraulichkeit ihrer Nachrichten nicht dem Interesse der Eltern auf Einsichtnahme in die Protokolle und Chatverläufe. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass die Nachrichteninhalte auf Facebook an ein Online-Konto übermittelt werde und der Absender ohnehin keine Gewissheit habe, was mit den Nachrichten passiere, z.B. weil der Kontoinhaber die Nachrichten weiterleite oder das Konto gehackt werden könne. Auch die DSGVO und das postmortale Persönlichkeitsrecht stünden nicht entgegen.
Das Urteil des BGH vom 12. Juli 2018 schafft damit im Ergebnis Rechtssicherheit, welche Befugnisse Erben im Hinblick auf die Facebook-Konten Verstorbener haben können. Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die Betreiber von sozialen Netzwerken ihre Nutzungsbedingungen als Konsequenz der Urteils anpassen werden.