Der Begriff Doping ist in der medialen Landschaft der heutigen Zeit allgegenwärtig. Regelmäßig begegnen uns Schlagzeilen über prominente Profisportler, die des Dopings überführt worden sind und dadurch zum Teil auch bleibende Schäden davongetragen haben oder gar daran verstorben sind. Doch Doping stellt nicht nur ein sportliches Problem dar, sondern kann darüber hinaus auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
1. Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG)
Am 18. Dezember 2015 trat nach langen Diskussionen das Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) in Kraft. Nach fast zwanzig Jahren andauernden Reformbestrebungen wurden damit die dopingspezifischen Straftatbestände in einem eigens zum Zwecke der Dopingbekämpfung geschaffenen Gesetz gebündelt. Die zuvor geltenden Vorschriften des AMG wurden in das AntiDopG aufgenommen und teilweise signifikant ergänzt um die Tathandlungen des Herstellens, Anwendens, Erwerbs und Besitzes von Dopingmitteln. Die zentrale Strafnorm des Gesetzes gegen Doping im Sport ist § 4 AntiDopG. In ihr finden sich Verweisungen sowohl auf § 2 AntiDopG (Unerlaubter Umgang mit Dopingmitteln, unerlaubte Anwendung von Dopingmethoden) als auch auf § 3 AntiDopG (Selbstdoping).
Gemäß § 4 Abs. 1 AntiDopG, welcher den Grundtatbestand dieser Strafvorschrift darstellt, wird "mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer
1. entgegen § 2 Absatz 1 […] ein Dopingmittel herstellt, mit ihm Handel treibt, es, ohne mit ihm Handel zu treiben, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr gibt oder verschreibt,
2. entgegen § 2 Absatz 2 […] ein Dopingmittel oder eine Dopingmethode bei einer anderen Person anwendet,
3. entgegen § 2 Absatz 3 […] ein Dopingmittel erwirbt, besitzt oder erbringt,
4. entgegen § 3 Absatz 1 Satz 1 ein Dopingmittel oder eine Dopingmethode bei sich anwendet oder anwenden lässt,
5. entgegen § 3 Absatz 2 an einem Wettbewerb des organisierten Sports teilnimmt.“
Nach § 4 Abs. 2 AntiDopG wird mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen § 3 Abs. 4 AntiDopG ein Dopingmittel erwirbt oder besitzt. § 4 Abs. 3 AntiDopG stellt klar, dass der Versuch ausschließlich in den Fällen des § 4 Abs. 1 AntiDopG strafbar ist.
Die Verbrechenstatbestände des Gesetzes gegen Doping im Sport wurden in § 4 Abs. 4 AntiDopG zusammengefasst. Gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 1 AntiDopG wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu
zehnJahren bestraft, wer „durch eine der von § 4 Abs. 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 3 bezeichneten Handlungen
a) die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b) einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c) aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt.“
Das gleiche Strafmaß hält § 4 Abs. 4 Nr. 2 AntiDopG für denjenigen bereit, der „in den Fällen des Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2
a) ein Dopingmittel an eine Person unter 18 Jahren veräußert oder abgibt, einer solchen Person verschreibt oder ein Dopingmittel
oder eine Dopingmethode bei einer solchen Person anwendet oder
b) gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.“
Aus der vorstehenden Aufzählung wird ersichtlich, dass mit Absatz 4 besonders sozialschädliche und verwerfliche Handlungen unter Strafe gestellt werden.
§ 4 Abs. 5 AntiDopG sieht in den minder schweren Fällen des Verbrechenstatbestandes des § 4 Abs. 4 AntiDopG einen Strafrahmen
von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen. Ein minder schwerer Fall ist regelmäßig zu bejahen,
wenn das Tatbild inklusive aller subjektiver Komponenten und der Persönlichkeit des Täters vom Durchschnitt der vergleichbaren Fälle in einem solch erheblichem Maße abweicht, dass die Anwendung
des Ausnahmestrafrahmens geboten scheint.
Fahrlässige Verhaltensweisen werden gemäß § 4 Abs. 6 AntiDopG mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr unter Strafe gestellt. Strafbewehrt sind fahrlässige Verstöße gegen die in § 4 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 AntiDopG geregelten Verhaltensnormen.
Nach § 5 Satz 1 AntiDopG können Gegenstände, die durch Straftaten gemäß § 4 AntiDopG erlangt wurden, im Übrigen eingezogen werden.
2. Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB)
Durch Doping können überdies auch eine Reihe von Straftatbeständen des StGB verwirklicht werden.
Körperverletzungsdelikte können regelmäßig in Fällen verwirklicht werden, in denen einem Menschen eine Dopingsubstanz durch Injektion zugeführt wird. Die Injektion illegaler Dopingsubstanzen stellt eine körperliche Misshandlung im Sinne von § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB dar und erfüllt damit den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung. Ebenfalls regelmäßig erfüllt ist der Qualifikationstatbestand der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB in Form des „Beibringens von Gift“.
Eine Strafbarkeit nach § 226 StGB kommt in Betracht, wenn die Injektion von Dopingmitteln dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich zieht, z.B. Zeugungsunfähigkeit bei männlichen
oder Maskulinisierung bei weiblichen Athleten. Wenn
Dopingmittel an Minderjährige verabreicht werden, kommt eine Strafbarkeit wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 StGB in Betracht. Da durch Doping bereits mehrere Todesfälle
eingetreten sind, ist auch eine Strafbarkeit nach § 227 StGB wegen Körperverletzung mit Todesfolge denkbar.
Ob eine Strafbarkeit im Sinne der §§ 223ff. StGB vorliegt, entscheidet sich vornehmlich auf der Ebene der Rechtswidrigkeit bei der Frage, ob eine rechtfertigende Einwilligung des Tatobjekts vorlag. Entscheidend ist hierbei die Frage, ob der Geschädigte der Injektion zum Zeitpunkt der Tat einwilligungsfähig oder einwilligungsunfähig war. Weiterhin entscheidend ist, ob der Athlet das Dopingmittel von einem Dritten injiziert bekommt oder ob er dieses sich selbst zuführt. Eine rechtfertigende Einwilligung ist nur anzunehmen, wenn der Sportler auch explizit über mögliche Gesundheitsgefahren und Nebenwirkungen der eingenommenen Mittel und Substanzen entsprechend dem Stand der aktuellen medizinischen Kenntnisse aufgeklärt wurde.
Sofern kein Körperverletzungsvorsatz vorliegt, kann auch der Straftatbestand der fahrlässigen Körperverletzung nach § 229 StGB verwirklicht sein, sofern eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung durch sorgfaltswidriges Handeln verursacht wird. Der Maßstab der Sorgfaltswidrigkeit bemisst sich danach, wie sich ein gewissenhafter und besonnener Mensch verhalten hätte. Bei Ärzten ist ein sorgfaltswidriges Handeln zu bejahen, wenn sie ein medizinisch nicht indiziertes Mittel verschreiben oder verabreichen.
Nachdem bereits mehrere Todesfälle durch Doping verursacht wurden, ist auch eine Strafbarkeit nach den §§ 211ff. StGB möglich. Praktische Relevanz dürfte allerdings nur der Straftatbestand der fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB entfalten, da ein Tötungsvorsatz durch Trainer, Betreuer und medizinische Berufsträger in aller Regel nicht anzunehmen sein wird. Im Gegensatz zu den Körperverletzungsdelikten ist eine rechtfertigende Einwilligung durch den Athleten in seinen Tod nicht denkbar, nachdem das Leben als höchstes Rechtsgut nicht disponibel ist.
Nachdem insbesondere im Rahmen von Sponsorenverträgen beträchtliche Vermögenswerte an die Athleten ausgezahlt werden,
geraten vermögensrechtliche Straftatbestände, vor allem Betrug gemäß § 263 StGB, immer stärker in den Fokus. Im Rahmen des § 263 StGB entfaltet das Doping im Wege des Sportbetrugs Relevanz. In
Betracht kommt eine Tatbestandsverwirklichung hierbei z.B. durch Täuschung von Veranstaltern, von Preisspendern und von Sponsoren. Die Täuschung zu Lasten von Mitkonkurrenten und Zuschauern
dürfte hingegen regelmäßig keinen Vermögensschaden nach sich ziehen, so dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs in diesen Fällen grundsätzlich ausscheidet.
3. Ergebnis
Durch Doping können diverse Straftatbestände verwirklicht werden, sowohl von Seiten der Sportler selbst als auch durch Ärzte und Funktionäre. Die strafrechtlichen Konsequenzen können schwer wiegen, so dass in jedem Fall die Hilfe eines sportrechtlich versierten Strafverteidigers in Anspruch genommen werden sollte.
(Weiterführende Literatur: Strohmayer, Die Strafbarkeit des Dopings in historischer und dogmatischer Perspektive, Verlag Dr. Kovac, Studien zur Rechtswissenschaft, Band 441, Hamburg 2020, ISBN 978-3-339-11464-8)