Schneller als einem lieb ist überschreitet man als Verkehrsteilnehmer die "magische Grenze" vom Ordnungswidrigkeitenrecht zum Strafrecht. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Straftatbestände gegeben werden, welche im Straßenverkehr verwirklicht werden können. Selbstverständlich gibt es noch eine Reihe weiterer Straftatbestände, welche im Straßenverkehr eine Rolle spielen. Dieser Beitrag soll lediglich eine Einführung in die am häufigsten verwirklichten Tatbestände geben und kann keinesfalls eine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen.
1. Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)
Nach der Vorschrift des § 315c StGB macht sich wegen Straßenverkehrsgefährdung strafbar, wer ein Fahrzeug trotz des Konsums von Alkohol oder Drogen bzw. trotz des Vorliegens geistiger und körperlicher Mängel im Straßenverkehr führt, obwohl er zur sicheren Teilnahme am Verkehr nicht in der Lage ist. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr befindet sich der Fahrer im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit. Hierbei wird unwiderlegbar vermutet, dass unabhängig von den Umständen im Einzelfall eine sichere Verkehrsteilnahme nicht mehr möglich ist. Daneben listet § 315c StGB weitere "sieben Todsünden" im Straßenverkehr auf, von denen der Gesetzgeber annimmt, sie seien besonders gefahren- und unfallträchtig. Gemeinsames Merkmal sind jeweils eine grob verkehrswidrige und rücksichtslose Fahrweise sowie die daraus resultierende Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert.
Eine oder mehrere der sieben Todsünden begeht, wer grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a) die Vorfahrt nicht beachtet,
b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c) an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d) an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e) an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f) auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g) haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.
2. Gefährliche Eingiffe in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
Hierunter versteht man grundsätzlich Vorgänge, die von außen auf den Verkehrsfluss einwirken, z.B. das Werfen von Gegenständen von einer Autobahnbrücke oder das Entfernen von Gullys auf der Fahrbahn, aber auch das Ziehen der Handbremse durch den Beifahrer. Verkehrsinterne Vorgänge werden nur umfasst, wenn der Fahrer seine Verkehrsteilnahme zu einem Eingriff in die Verkehrssicherheit "pervertiert". Er muss das von ihm gesteuerte Fahrzeug (gewissermaßen als Waffe oder gefährliches Werkzeug) bewusst zweckwidrig in verkehrsfeindlicher Absicht einsetzen.
3. Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)
Wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er aufgrund des Konsums von Alkohol oder Drogen nicht in der Lage ist, das Fahrzeug zu führen, macht sich wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar. Wenn die Tat allerdings gleichzeitig eine Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB oder eine Gefährdung des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs nach § 315a StGB darstellt, tritt die Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr zurück. Zu den einzelnen Grenzwerten verweise ich auf meinen Artikel "Führerschein in Gefahr Teil 4: Alkohol und Drogen im Straßenverkehr".
4. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)
Ein Fahrer macht sich gemäß § 142 StGB strafbar, wenn er sich als Unfallbeteiligter von einem Unfall entfernt, bevor er die Feststellung seiner Personalien, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglicht hat oder eine angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen. Ebenfalls wird bestraft, wer sich nach Ablauf der Wartefrist oder berechtigt bzw. entschuldigt vom Unfallort entfernt hat und die oben genannten Feststellungen nicht unverzüglich ermöglicht (z.B. durch Mitteilung bei der nächsten Polizeidienststelle oder bei einem Unfallgeschädigten).
5. Fahrlässige Körperverletzung und Tötung (§§ 229, 222 StGB)
Bei Verursachung eines Unfalls mit Verletzungs- oder Todesfolge des Geschädigten kann eine Strafbarkeit wegen Fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) oder Fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) die Folge sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch zum einen eine nachweisbare Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Fahrer. Zudem muss die Unfallfolge für den Täter objektiv vorhersehbar sein, um eine Strafbarkeit zu begründen.
6. Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
Ebenfalls ein "Klassiker" ist das Fahren ohne Fahrerlaubnis. Dieses ist grundsätzlich strafbar, egal ob die Fahrerlaubnis noch nie erteilt wurde, entzogen wurde oder ungültig ist.