Die Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter

Am 28. Juli 2019 ist die Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (eKFV) in Kraft getreten. Unter den Anwendungsbereich der eKFV fallen Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h, wenn diese zusätzliche Merkmale aufweisen, die in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-5 eKFV  geregelt sind. Unter anderem fallen auch E-Scooter und E-Tretroller unter den Kraftfahrzeugbegriff dieser Verordnung.

 

Mit dieser Einordnung gehen auch rechtliche Probleme einher. Eines dieser Probleme besteht in der Bewertung der Benutzung von E-Scootern unter Alkoholeinfluss. 

 

E-Scooter sind erlaubnisfreie Kraftfahrzeuge. Damit gelten auch die im Straßenverkehr üblichen Promillegrenzen fürs sie. Ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille ist der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 24a Abs. 1 StVG eröffnet. Der Führer des E-Scooters handelt dabei ordnungswidrig unabhängig davon, ob er durch die Alkoholisierung in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt ist oder nicht.

 

Wie auch bei anderen Kraftfahrzeugen liegt die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bei 1,1 Promille. Bereits ab einer BAK von 0,3 Promille ist der Straftatbestand der Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB erfüllt, wenn der Fahrer des E-Scooters diesen aufgrund seiner Alkoholisierung nicht mehr verkehrssicher führen kann.

 

Ab dem Grenzwert von 1,1 Promille gilt nach ständiger Rechtsprechung ein Fahrzeugführer als absolut fahruntüchtig. Dies ist auch bei Fahrern von E-Scootern der Fall.  Die entscheidende Frage bei E-Scootern ist allerdings, ob bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Satz 2 StGB gilt oder nicht. Die Bejahung der Regelvermutung hätte grundsätzlich die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, es sei denn die Regelvermutung kann entkräftet werden. Geht man davon aus, dass keine Regelvermutung gegeben ist, würde ein Fahrverbot als Nebenstrafe ausreichen.

 

Die Rechtsprechung hierzu divergiert. Diverse Gerichte haben sich gegen die Regelvermutung bei E-Scootern ausgesprochen, so z.B. das LG Halle, das LG Dortmund und das LG Hannover. Als Argumente gegen die Anwendung der Regelvermutung werden vor allem das gegenüber einem Pkw wesentlich geringere Gewicht und die geringere Geschwindigkeit genannt, wodurch das Gefährdungspotenzial im Vergleich wesentlich reduziert ist. Gleichwohl haben zahlreiche Gerichte die Anwendbarkeit des § 69 Abs. 2 Satz 2 StGB bejaht. Zu nennen sind unter anderem obergerichtliche Entscheidungen des Bayerischen Oberlandesgerichts und des OLG Hamburg. Als Argumente wurden hierbei z.B. der bewusste Verzicht des Gesetzgebers auf eine Ausnahmeregelung für E-Scooter (im Gegensatz zu Pedelecs, § 1 Abs. 3 StVG) und die allgemein anzunehmende Kenntnis von Verkehrsteilnehmern über Promillegrenzen im Straßenverkehr genannt.

 

Letztendlich wird es vor allem im Bereich zwischen 1,1 Promille und 1,6 Promille darauf ankommen, gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht die Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles herauszuarbeiten, um statt einer Entziehung der Fahrerlaubnis ein Fahrverbot als vergleichsweise mildere Sanktion neben der ohnehin auszusprechenden Strafe - bei Ersttätern in der Regel eine moderate Geldstrafe - zu erreichen. Hierfür bedarf es eines im Verkehrsstrafrecht versierten Verteidigers. Im Übrigen droht wie auch bei Fahrradfahrern ab einem Wert von 1,6 Promille die Anordnung einer MPU, bei begründeten Auffälligkeiten im Einzelfall oder bei Mehrfachtätern auch schon bei weniger. Daher gilt natürlich ohnehin: Don't drink and drive - auch bei E-Scootern!